GRAFIK

Wie(so) riechen wir eigentlich?

Wie alle anderen Lebewesen auch verfügt der Mensch über eine Regio olfactoria, zu der man als Duftstoffmolekül gelangt, wenn man der Nase steil nach oben folgt. Nur wenn genügend Riechmoleküle, also in Konzentrationen oberhalb der Schwellkonzentration eines jeden Duftstoffes, dort angereichert sind, reagieren die im sogenannten Riechepithel verankerten Riechzellen, die mit unzähligen feinen Riechhärchen ausgestattet sind. Sie senden nach erfolgter Rezeptorantwort ein Signal an den Riechkolben (Bulbus olfactorius). Von dort wird der Riechreiz dann im Gerhirn weiterverarbeitet. Besonders erwähnenswert ist dabei das limbische System, zu dem eine direkte Verbindung besteht. Es handelt sich dabei um einen stammesgeschichtlich sehr alter Teil unseres Gehirns, in dem die gefühlsmässige Bewertung von Sinneserfahrungen und die Speicherung von Erinnerungen stattfindet. Wer kennt es nicht, dass Gefühl in Oma's Keller zu gehen, und sich sofort an alte Zeiten erinnert zu fühlen, bei diesem typischen Geruch.....

Nase

Dabei kann man sich den individuellen Geruchseindruck, der entsteht, wenn man beispielsweise an einer Orange riecht, so vorstellen:jeder Typ Duftstoffmolekül, welcher im Orangenduft enthalten ist, steht für einen Buchstaben des Wortes O.R.A.N.G.E. Erst zusammengenommen und in der richtigen Konzentration ergeben sie den Duft: Orange. In einer anderen Kombination käme z.B. (und stark vereinfacht) Zitrone heraus.
Dies ist aber nur ein Teil des Geruchswahrnehmung. Es spielt auch eine Rolle WIE die Duftmoleküle zum Riechepithel gelangen. Versuchen Sie einmal, bei zugehaltener Nase einen Zimtkaugummi zu geniessen.... sie werden das absolute Aha-Erlebnis haben, wenn Sie während des Kauvorgangs plötzlich die Finger von der Nase nehmen und aus dem Stück Plastik in Ihrem Mund ein Zimtkaugummi wird! Dies bezeichnet man als das sogenannte "orthonasale" Riechen, der Weg, wenn der Duft von vorn durch die Nasenlöcher zum Riechepithel gelangt. Und umgekehrt? Spricht man von "retronasal", also wenn die Duftmolkeüle von hinten über den Gaumen quasi "rückwärts" zur Riechspalte diffundieren. So manch ein Feinschmeckerkäse entfaltet erst so sein wahres Aroma! Womit auch schon das Schmecken erklärt wäre: alles ausser süss, sauer, salzig, bitter und Unami ist nämlich streng genommen der "Geruch", der gleichzeitig über die Nase einströmt.

Und schließlich gibt es noch einen dritten Geruchseindruck: den trigeminalen Reiz ...das Experiment mit dem Kaugummi hätte nicht so gut geklappt, wenn es ein Pfefferminzkaugummi gewesen wäre. Die Pfefferminzpflanze enthält nämlich Menthol, eine Substanz, die die trigeminalen Nerven reizt und so einen scharfen, fast Kälte ähnlichen Reiz auslöst. Bei Menschen mit einem verletzten Riechepithel manchmal das einzige, was noch vom Geruchssinn übrig bleibt.....

Für diese Menschen ist es dann oft wertvoll, einen medizinischen Riechtest zu machen, bei dem Identität (was rieche ich?), Diskrimierung (welches von den drei ist es denn?) und Schwelle (ab welcher Konzentration ist der Duft wahrnehmbar?) bestimmt werden. So lassen sich auch fehlgeleitete Geruchseindrücke bestimmen, wie z.B. die Phantosmie (Gerüche wo keine sind), Kakosmie (Wahrnehmung schlechter Gerüche) oder die Parosmie (falsche Gerüche oder Sensibilität) bis hin zur Anosmie (keine Gruchswahrnehmung mehr). Manchmal lassen sich so frühzeitig auch fundamentalere Erkrankungen wie z.B. Morbus Parkinson erkennen, die mit einer Riechstörung beginnen können.

Gehirn

Bis zu 10.000 verschiedene Geruchsrezeptoren hat jedes Lebewesen. Da kann man sich die wahre Vielfalt an "Beduftung" sehr malerisch vorstellen, wobei man dem Geruchssinn einräumen muss, physiologisch räumlich sehr sorgfältig aufgebaut zu sein, so dass wir tatsächlich alle relativ ähnlich empfinden, wenn wir O R A N G E riechen. Aber: nicht bei allen Lebewesen sind die 10.000 Rezeptoren auch aktiv! So werden die TOP 10 der besten "Riecher" eindeutig von den Nagetieren angeführt, dicht gefolgt vom Hausschwein; gar nicht so weit oben wie erwartet liegt der Hund und das traurige Schlusslicht bildet der Mensch mit im Schnitt nur schlappen 350 aktiven Rezeptoren. Das toppen nur noch die Delphine - die riechen gar nichts. Schwacher Trost: evolutiv gilt das als fortschrittlich, dass heisst der "weniger" ausgeprägte Geruchssinn verläuft parallel zur höheren Entwicklungsstufe und wird daher wahrscheinlich beim Menschen auch weiter abnehmen. Die gute Nachicht: wie viele andere Dinge auch lässt sich dieser wunderschöne Sinn trainieren.

GRAFIK
GRAFIK
GRAFIK
GRAFIK
GRAFIK
Home
GRAFIK